​Wir verlassen Südtirol, werden in Italien erst mit einer wunderschönen Natur am Gardasee freundlich empfangen und dann agressiv beschimpft weil wir das Reißverschlussverfahren im Mautstationsstauchaos mit unserem Tesla Model S einführen wollen

​Der Morgen in Brixen beginnt mit einem entspannten Geschäftsessen mit einem Geschäftspartner, das uns in die italienische Frühstückskultur heranführt.

Vor uns liegt heute eine spannende Strecke am Gardasee vorbei bis in die Nähe von Turin zu einem Campingplatz. So zumindest ist unsere Planung an diesem Morgen…

​Unseren Weg aus Südtirol heraus säumen Burgen auf den Bergen und weil die Maut in Italien noch „per Hand“ und nicht per Videokamera erfasst wird, gibt es relativ wenige Autobahnauffahrten. So fahren wir erst mal einige Kilometer parallel zur Autobahn, bis wir eine Auffahrt finden.

​​Je weiter wir aus den Bergen, aus Südtirol weg fahren, desto italienischer wird die Landschaft.

Wir erreichen den Supercharger in Trento ohne Probleme und laden mit einem Grinsen unter dem Merceds Stern unser Tesla Model S.

Witziger Weise ist der Supercharger an der Rückwand eines Mercedes Gebäude und wie so oft hier im Süden auf dem Parkplatz eines Hotels.

​Am Supercharger haben wir ungewöhnlich lange 50 Minuten von 30% auf 92% geladen, weil wir ein kleines Nickerchen gemacht haben und so genug Energie hatten, um in einem Rutsch nach Turin zum nächsten Supercharger zu kommen, immerhin 266 Kilometer entfernt.

​Am Supercharger stelle ich die Lenkung vom Model S auf Sport, um zu testen wie sich das Handling verändert.

​Auf dem Weg zum Gardasee geben die ersten Serpentinen nach der Autobahn und um den See viele enge Straßen eine gute Testumgebung.

Entgegen dem Fahrerlebnisschalter im BMW ist bei Tesla wirklich nur die Lenkung durch die Einstellungen beeinflusst. Sie geht jetzt etwas schwerer und vermittelt ein direkteres Gefühl. Der Wendekreis, die Wendigkeit oder die Anzahl der Lenkradumdrehungen ändert sich nicht.

Mir gefällt die Einstellung und insofern beschließe ich, diese für die Zukunft als Standard eingestellt zu lassen.

​Das letzte Mal war ich vor rund 20 Jahren am Gardasee und ich freue mich, als das Wetter deutlich besser ist, als vorhergesagt und wir den einen oder anderen Ausblick auf den See im Sonnenlicht erhaschen können.

​Nach wie vor gibt es viele enge Tunnel, gewundene Straßen aber auch hier und da neue Tunnel, so dass wir mit dem Model S gut durchkommen, eng ist es trotzdem immer wieder, denn 2,19 Meter Breite über die Spiegel kann man nicht weg diskutieren.

​Die Mischung aus steilen Hängen, mediteranen Häusern und Zypressen hat ihren Reiz über die Jahre nicht verloren. Jetzt, völlig geräuschlos mit einem Elektroauto am Ufer des Gardasees entlangzugleiten ist ein besonders schönes Erlebnis.

​Doch wir sind heute nur für eine kurze Stipvisite hier und nutzen den Gardasee als Abkürzung zu unserer Fahrt nach Turin.

Allerdings wissen wir zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht, das wir es nicht erreichen werden… und so genießen wir die kurvigen Straßen und die immer neuen Blicke, die sich uns hinter jeder neuen Kurve bieten.

Als die Berge sich langsam vom Gardasee zurückziehen, verlassen auch wir den See und fahren in Richtung Po-Ebene.

​Nach dem wir uns auf die Autobahn Richtung Turin begeben haben wird die Monotonie des Fahrens nur von der interessanten Fahrweise der Italiener unterbrochen.

Mir fällt auf, dass diese sehr unregelmäßig fahren und wenig Gefühl für den Sicherheitsabstand haben.

Richtig aneinander geraten wir dann an einer Mautstation mit anderen Fahrern.

Denn plötzlich verengt sich nach der Mautstation vor Mailand die Fahrspuren von 12 auf 3.

Zuerst denke ich, dass ich besonders schlau bin, mich ganz rechts anzustellen, denn dort sind die Schlangen vor dem Mauthäuschen besonders kurz, links sind sie am längsten.

Doch bereits kurz nach dem Bezahlen der Maut wird mir klar, warum die meisten links stehen. Dort können sie ihre Ego-tour am besten durchziehen, dazu ​gleich mehr.

Erst mal fahre ich einem Italiener in der Schlange vor mir nach und bleibe in der Schlange. Doch die Schlange kommt dem Gemenge immer dichter und plötzlich trifft sie auf die übergroßen Egos der einheimischen Verkehrsteilnehmer.

Das äußert sich in einem starren Blick, dichten Auffahren auf den Vordermann (wer mehr als 20 Zentimeter Abstand lässt ist schon verloren) und völligem Desinteresse für die Umwelt, so lange man nicht selber betroffen ist.

Ich versuche mich also wie mein Vordermann nach dem übernächsten Auto in die Schlange einzusortieren, so wie ich ein Reißverschlussverfahren kenne.

Doch der Autofahrer ist vom Ego-Virus befallen und ich schaffe es trotz langsamen Vortasten nicht, mein 2 Meter breites Auto in der „Lücke“ zu platzieren.

Ich denke, nun gut, ein Einzelfall. Doch nach dem 3 Fahrer mit dem gleichen Verhalten ist mir klar, das ist eine Epedemie und kein Einzelfall.

So langsam wird mir auch klar, warum ich immer wieder wildes Hupen und Schreien in den letzten Minuten gehört hatte, da musste wohl ein Reißverschluss eingefädelt worden sein.

Nach dem sich also auch der 3. Fahrer vorbeigedrängelt hatte, fuhr ich einfach weiter und hupte dabei nachdrücklich.

Das führte dann dazu, dass die Beifahrerin des SUVs das Fenster herunter kurbelte und mich wüst auf Italinisch beschimpfte. Durch meine Portugiesischkenntnisse konnte ich mir einiges zusammen reimen entschied mich dann aber trotzdem sie einfach auf Deutsch zu beschimpfen, weil ich das doch flüssiger konnte.

Überrascht von meiner südländischen Leidenschaft lies der Fahrer für einen Moment vom Vordermann ab und ich drängte mich in die 30 Zentimeter große Lücke und schob unerbittlich das Model S nach vorne.

Denn eines machten mir die 30 Autos in der Schlange hinter mir mit ihrem Hupen unerbittlich klar. Wenn ich nicht für sie kämpfen würde, dann würden sie es gegen mich tun.

Ich war heilfroh, endlich in der mittleren der 3 befahrbaren Spuren zu sein und wir hatten dann noch fast eine Stunde Zeit, uns bei Stop and Go zu beruhigen.

Ein weiterer Zwischenfall, als sich dann 15 Autos vor mir auf der rechten Spur rücksichtslos einfädelten und mich die Fahrerin des Fahrzeugs wüst beschimpfte, das sie mir nicht die Vorfahrt nehmen durfte, habe ich dann nur noch mit italinischer Gelassenheit hingenommen, wusste ich doch, dass wir mogen schon in Frankreich sein würden.

Die Verzögerung von 1 Stunde im Stau lies dann langsam unseren ansich schon sehr straffen Tagesplan sprengen. Denn einige Hochrechnungen zeigten, dass wir an unserem Tagesziel, einem Campingplatz außerhalb von Turin, erst um 19 Uhr ankommen sollten und dann hätten wir noch das Zelt aufbauen und kochen müssen.

​Also fassten wir den Entschluss, beim nächsten Supercharger, das Hotel anzuschauen und wenn dieses nur einigermaßen passen sollte, uns dort einzuquartieren.

Der Supercharger war direkt auf dem Hotelparkplatz und zudem gab es auch noch einen Destinationcharger mit dem wir dann den Akku für den nächsten Tag langsam voll laden konnten.

​Das Hotel in Cavaglia entpuppte sich als nettes Golfhotel, das uns ein großes Zimmer zur Verfügung stellte wo wir die Nacht verbringen konnten.

Der Destinationcharger war mit einem extra Schlüssel abgeschlossen, was zu etwas Verwirrung sorgte weil die Rezeptionistin den Unterschied zum Supercharger nicht kannte.

​Denn ein Supercharger lädt mit besonders hohen Ladegeschwindigkeiten, teilweise bis zu 150 kW oder bei unserem Model S mit bis zu 98 kW, ein Destinationcharger ist eigentlich eine Wallbox, die maximal mit 22 kW lädt.

Den Supercharger muss man direkt räumen wenn man voll geladen hat, sind alle Ladestationen, Stalls genannt, voll, muss man sogar ordentlich Strafe zahlen wenn man dort stehen bleibt.

Beim Destinationcharger kann man seinen Tesla (oder auch jedes andere Elektroauto wenn er dafür frei geschaltet ist) in Ruhe laden und dann z.B. den Ladezeitpunkt so abpassen, dass man mit 100% am nächsten Morgen starten kann.

Das war mein Plan, denn wir wollten am nächsten Tag über die Seealpen in die Provonce nach Mallemort fahren und der Weg zum einzigen Supercharger auf der Strecke war weit. Rund 300 Kilometer, mit teils steilen Pässen, also noch mal 50 Kilometer weiter als von Partenen nach Brixen und eine Zwischenlademöglichkeit, selbst eine langsame gab es nicht.

Doch mit diesem Thema wollten wir uns dann erst morgen beschäftigen, denn erst mal hatten wir Hunger und haben unser auf den Campingkochern auf dem Balkon zubereitetes Abendbrot gegessen. (Ja es gab ein Hotelrestaurant aber wir wollten lieber unser eigenes Essen essen, das Mindeste was wir nach diesem anstrengenden Reisetag uns Gutes tun konnten…)

More…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*