19. Tag Nordkapptour mit dem BMW i3 von Kungshamn nach Ishöj

Wir fahren von Schweden nach Dänemark und erleben eine große Überraschung in schwedischen Ballungsgebieten und freuen uns wie kleine Kinder über einen kleinen grauen Kasten
Weil durch unsere längere Fahrstrecke auf der Suche nach einem ruhigen Campingplatz feststand, dass wir gleich zu Beginn der heutigen Tour laden müssen, haben wir das Frühstück für die erste Ladepause eingeplant.
Deswegen hieß es für diesen Morgen nur, Zelt und Sachen einpacken und los.
Um 5 Uhr klingelte der Wecker und ich machte die mutige Prognose, dass wir um 6:30 Uhr abfahren werden.
In der Regel bin ich bei solchen Prognosen immer etwas optimistisch, doch heute sollte ich mich nur um 1 Minute verschätzen, denn wir hatten nicht mit den Gnitzen gerechnet.
Am Vorabend hatten wir uns noch darüber gefreut, dass es auf dem Campingplatz kaum Mücken gab und wir die Abendsonne in Ruhe genießen konnten.
Doch jetzt, um kurz vor 6 Uhr morgens, sah das ganz anders aus.
Die Luft war von Heerscharen von Gnitzen, Mücken, die so groß wie Fruchtfliegen sind, bevölkert.
An sich nichts schlimmes, doch die Gnitzen waren sehr an uns interessiert und auch das Anziehen von Mützen hinderte sie nicht daran, darunter zu krabbeln und uns zu stechen.
Da das Zelt um diese Tageszeit noch sehr feucht vom Tau war und wir somit auch noch dreckige und nasse Hände hatten, eine wirklich Tortour, weil wir die Gnitzen nicht wegwischen konnten.
So packten wir das Zelt in Rekordzeit ein, natürlich passte es nicht mehr in die normale Zelthülle, da es zu schnell gehen musste und viel zu nass war um es ordentlich einzupacken, so dass ich dann mit Mühe und Not alles in den Kofferraum bekam.
Die nächste halbe Stunde waren wir dann noch im Auto beschäftigt die letzten Gnitzen zu beseitigen und dann war endlich Ruhe, zumindest vor neuen Stichen, denn von den Stichen selbst, hatten wir noch einige Tage etwas.

Wir starteten mit 76 Kilometer Restreichweite und wussten den ersten Schnelllader in 32 Kilometer Entfernung, wir sollten somit maximal 44 Kilometer Reserve haben.
Was wir nicht wussten, wie viel Energie auf der Strecke für das erste Aufwärmen des Akkus verbraucht werden würde, da wir aber über die Landstraße und auch nur eine gute halbe Stunde unterwegs sein würden, gingen wir das Risiko ein.


Das Wetter war mit uns und so konnte wir sogar den Lader in 51 Kilometer Entfernung vom Campingplatz nehmen, der von Clever, für den wir eine Prepaidkarte gekauft hatten, betrieben wurden.

So sahen wir das erste Mal die Reichweitenwarnung für die Unterschreitung von 20 Kilometer Restreichweite, schafften es aber problemlos zum Lader wo wir dann in Ruhe gefrühstückt haben.
Weil wir das Frühstück mit der Ladepause verbunden hatten, luden wir mehr als sonst, wie du auf dem Bild sehen kannst 98% SOC (Akkustand).
Der Vorteil bei Clever ist, dass sie per kWh abrechnen und somit der Zeitfaktor egal ist.
D.h. auch wenn wir die letzten Prozent langsam geladen haben, zahlen wir ja nur die Lademenge.

Bei den Fortum- und Grönn Kontakt - Säulen wurde ja nach Minuten abgerechnet, so dass wir möglichst mit 95% weiter gefahren sind damit wir nicht für die letzten Prozent ein Vielfaches vom Preis pro kWh zahlen müssen.
Weil wir Zeit und keine Ladestationen vorher heraus gesucht hatten, versuchte ich es mit der Ladestationsuchfunktion des BMW-Navis.
Geklappt hatte es bisher nur ein einziges Mal um Lillehammer, dort wurden genau die passenden Stationen angezeigt. Ich fand, das Navi hatte eine neue Chance verdient.
Wenn man im Navi eine Strecke, z.B. von 403 Kilometern eingibt, die die vom Navi errechnete Restreichweite übersteigt, wird ein Warnhinweis angezeigt, E-Reichweite zu gering, bitte Ladestation suchen.
Wir hatten einen SOC von 98,5% und eine ermittelte Reichweite von 177 Kilometer, bei denen das Navi die Route, also die Fahrt über Autobahn, schon berücksichtigt hat.

Dann kann man die Ladestation vom Navi suchen und erhält einige Vorschläge, wie du auf den folgenden Bildern sehen kannst:

Das Navi sucht die Ladestationen, die es als Sonderziele bezeichnet

Es werden die nächsten Ladestationen angezeigt, aber nicht die gegen Ende der Reichweite, wenn wir sie brauchen würden

Das Navi hat sehr viele Ladestationen und über die "interaktive Karte" kann man diese auch per Wahlrad ansteuern und als Ziel auswählen.
Der Bug im Navi ist, dass es auch bei vollem Akku die nächsten Ladestationen anzeigt, aber insgesamt nicht alle bis zum Ende der Restreichweite.
Wir haben beim mittleren Bild schon die gesamte Auswahl nach unten geblättert, bekommen aber als weiteste Empfehlung eine Nachlademöglichkeit nach 48 Kilometer angezeigt.
Sinnvoll wäre eine Auswahl, die 20 Kilometer vor Ende der Restreichweite beginnt und z.B. bis 50 Kilometer oder die nächsten 5 - 10 Ladestationen anzeigt.
Ist man in einem Land, wie Schweden oder Norwegen, mit vielen Ladestationen unterwegs ist dieser Bug natürlich relevanter als wenn es - wie aktuell noch auf der A24 zwischen Hamburg und Berlin - sowieso Abstände von 163 Kilometern zwischen 2 Ladestationen gibt.
Also haben wir über unsere iPhone-App, die auf das Goingelectric-Stromtankstellenverzeichnis zugreift, einen Schnelllader von Clever gesucht, der in 146 Kilometer Entfernung war.
Aus Spaß haben wir dann über die Funktion "interaktive Karte" die Ladestation angesteuert und ausgewählt und sie als Zwischenziel in unsere Route eingefügt.
Was beim Navi auch extrem nervt. Wenn das Navi das als Ladestation ausgewählte Zwischenziel meint erreicht zu haben wird gleich zum nächsten Routenpunkt navigiert, obwohl noch nicht geladen wurde.
D.h. wir fahren jedes Mal unter Protest des Navis noch die letzten Meter zur Ladestation, weil es eigentlich schon auf dem Weg zum nächsten Zwischenziel ist.
Hier wäre es gut, einfach eine Verknüpfung zwischen Ladevorgang und Navi herzustellen, dass es erst nach Abschluss des Ladevorgangs zum nächsten Ziel navigieren will.
Als wir uns gegen 9 Uhr morgens Göteborg nähern, erwarten wir auch einen deutlichen Anstieg der Elektroautodichte, doch der bleibt aus.
Obwohl die Schweden - nach meiner Einschätzung - eine bessere Ladeinfrastruktur als Deutschland haben, ist die E-Auto-Dichte, die ich auf der Straße subjektiv wahrnehme, ähnlich hoch wie in Deutschland.
Wie viel größer das Angebot an Ladestationen in Oslo im Vergleich zu Göteborg ist, zeigt der Blick aufs Navi.
Damit es nicht ganz so leer in Göteborg aussieht haben wir das Foto der Ladestationen mit einem 2-Kilometer-Maßstab gemacht, in Oslo mit einem Zehntel, also 200 Meter.

Göteborg

Oslo
Dieser Vergleich zeigt sehr gut, dass es attraktive Rahmenbedingungen von staatlicher Seite geben muss, damit der Absatz von Elektroautos signifikant steigt.
Wenn ich das richtig recherchiert habe, hat Schweden ein ähnliches Anreizsystem wie Deutschland mit einer Kaufpräme, das - wenn ich mir die Erfahrungen auf der Straße anschaue, ähnlich gut wie in Deutschland funktioniert.
Es zeigt sich also, dass Elektroautos aktuell nur durchsetzen, wenn der Kaufpreis auf einem gleichen Niveau wie für ein vergleichbares Fahrzeug ist und es noch deutliche zusätzliche Erleichterungen beim täglichen Betrieb, z.B. durch Mauterlasse, Einfahrterlaubnisse in Innenstädte oder KFZ-Steuer-Ersparnisse gibt.
Zusätzlich müssen endlich Elektroautos auf den Markt, die die beliebten Kombis, Vans und SUV repräsentieren. Denn das ich z.B. "gezwungen" werde, ein Model S zu kaufen, weil es keinen VAN oder Kombi gibt, der eine vernünftige elektrische Reichweite hat, ist der Verbreitung der Elektromobilität nicht besonders förderlich.
Die nächste Ladestation finden wir mit etwas Glück und weil wir schon gut trainiert sind und den Steckdosen-Blick haben.
Sie befindet sich wie häufig am Rande einer Tankstelle, ist zum Glück gerade noch nicht von LKWs zugeparkt (du kannst ihren Schatten noch rechts neben unserem i3 sehen) und die Büsche sind - vermutlich aufgrund des kalten Winters - noch nicht dazu gekommen, sie völlig zu überwuchern.

Diese Lader werden schnell zugeparkt, denn hier fehlt jede Markierung und ein Parkverbotsschild mit einer Ausnahmeregelung für ladende Elektroautos.
Da kann man keinem Brummi-Fahrer oder PKW-Fahrer einen Vorwurf machen, wenn er vor der Säule parkt und somit die Elektroautotankstelle blockiert.
Das einem dies nicht weiterhilft, wenn man aufs Laden angewiesen ist, ist kein Trost, hier muss der Betreiber, in diesem Fall Clever, noch nachbessern.

Zum Glück funktioniert die Säule und wir beenden die Ladung nach knapp 23 Minuten.
Dies ist auch ein gutes Beispiel, warum es sich nicht lohnt, mit ein Elektroauto vollzuladen, wenn man unterwegs ist.
Wir waren mit SOC 48% angekommen, haben in 23 Minuten 47% geladen und müssten für die letzten 5% laut Hochrechnung weitere 27 Minuten warten.
Die nächste Ladepause und letzte in Schweden nutzen wir, für einen Einkauf bei Lidl. Bei der Anfahrt der Ladestation merken wir, dass sie eine alte Bekannte ist und wir sie auch schon bei der Hinfahrt genutzt haben.
Das Laden klappt problemlos, wir laden auf 99% voll, weil der Einkauf länger dauert als der i3 auf 95% braucht.
Eigentlich wollten wir unser restliches schwedisches Bargeld verbrauchen, vielleicht hätten wir dazu nicht zu Lidl gehen sollen, denn selbst unser "Verzweiflungskauf" bei der Tankstelle reduziert unsere Bargeldbestände nicht spürbar. Weil wir zelten, können wir auch nur begrenzt Lebensmittel oder Naschkram einkaufen..
Hinter 3 amerikanischen Oldtimer aus Deutschland fahren wir von der Ladestation weg, Richtung Brücke.
Durch Zufall hatten wir auf der Internetseite des Anbieters unserer Mautbox für Norwegen gelesen, dass sie durch Kooperationen auch in Schweden und Dänemark, ja sogar in Österreich gilt.
Noch etwas unsicher fahren wir an der ersten Mautstation auf die Spur für die automatische Abfertigung und spüren die Blicke der Dänen die denken, oh nee, schon wieder diese blöden Touristen, die gleich vor der Schranke stehen und rückwärts zum manuellen Mauthaus fahren müssen...
Aber die Schranke geht problemlos auf und wir freuen uns wie kleine Kinder über diesen gelungenen Streich.


Nachmittags kommen wir auf unserem Campingplatz an, der in Ishöj direkt am Wasser liegt und eine echte Empfehlung für Besucher von Kopenhagen ist, da unweit vom Campingplatz die S-Bahn hält, mit der man gut in die Stadt kommt, es sei denn man hat ein Elektroauto dann kann man das ja nutzen 😉
In Mails wurde ich immer wieder gefragt, wie ich das mit den Blogbeiträgen über die Tour verteilt geschafft habe.
Auf den Campingplätzen gab es immer WLAN, das aber bis auf eine Ausnahme so langsam war, dass wir unterwegs immer das mobile Internet unseres Smartphones genutzt haben.
Weil glücklicherweise ab dem 15.6.2017 auch noch die neue EU-Regelung für Handytarife im EU-Ausland galt und Norwegen dazu gerechnet wird, hatten wir die gesamte Tour unsere kompletten Flatrates und Datenvolumen zur Verfügung.
Nur in einem rund 200 Kilometer breiten Streifen im nördlichen Bereich der Mitte Skandinaviens war der Handyempfang auf die wenigen Ortschaften beschränkt.

Selbst im hohen Norden hatten wir immer guten Empfang, so dass ich jede Ladepause nutzen konnte, um z.B. Blogbeiträge zu schreiben oder Podcasts aufzunehmen.
Den Abend ließen wir nach einem "kleinen" Spaziergang, der dann doch gut 4 Kilometer um einen See direkt am Campingplatz führte, ausklingen.