20. Tag Nordkapptour mit dem BMW i3 von Ishöj nach Kiel

Ein früher Vogel fängt keinen Wurm, ein Beratungsgespräch über Elektromobilität, der erste wirklich defekte Schnelllader nach 6.591,6 Kilometern und eine entspannte Ankunft in Kiel
Weil wir nur noch 397 Kilometer nach Hause fahren müssen, haben wir beschlossen, auszuschlafen und den Tag ganz in Ruhe angehen zu lassen.
Um 5:30 beendet ein Spatz unseren guten Plan, er hat sich im Zelt verirrt und versucht nun panisch wieder herauszukommen.
Dabei verursacht er so viel Krach, dass wir wach werden und ihn aus dem Zelt bugsieren.
An Schlaf ist nicht mehr zu denken, so nutzen wir die Gunst der frühen Stunde und besuchen die leeren Duschen.
Danach machen wir den Spaziergang vom gestrigen Abend erneut, nur in die andere Richtung.
Nach einem ausgiebigen Frühstück kommen wir nicht so richtig los. Wir wissen, es ist der letzte Tag der Tour und wollen deren Ende so weit wie möglich ausdehnen. Gegen halb 10 raffen wir uns dann endlich auf und beginnen, das Zelt zusammenzupacken.
Dabei werde ich von unserem deutschen Nachbarn auf dem Campingplatz angesprochen, die gerade mit ihrem Wohnmobil nach Norden reisen.
Er erkundigt sich nach unseren Erfahrungen mit dem i3 und wir kommen ins Gespräch.
Während ich im Praxistipps aus dem Alltag eines Elektroautofahrers gebe, kommt der Nachbar von gegenüber und stellt die typischen Fragen skeptischer Autofahrer.
Er will wissen, ob wir den "weiten" weg von Kiel nach Kopenhagen mit dem i3 gefahren seien.
Nein, meinte ich, wir sind übers Nordkapp gefahren und waren jetzt in 2,5 Wochen rund 6.500 Kilometer unterwegs.
Darauf hin war er natürlich völlig sprachlos und ich begann meine Erklärungen von neuem, zeigte ihm die mobile Ladestation, räumte den Fahrersitz für eine Sitzprobe frei und versuchte ihn neugierig auf Elektroautos zu machen.

Er war sehr interessiert, musste dann aber schnell weg, weil er ja auch dabei war, abzureisen.
Unserem direkten Nachbarn erklärte ich dann noch, warum ich ein Tesla Model S für meine geschäftlichen Fahrten zusätzlich zum i3 habe und das als einzige wirkliche Alternative für die Langstrecke zum aktuellen Zeitpunkt sehe.
Denn auch er würde gerne Elektroauto fahren, muss aber da er im Außendienst tätig ist, möglichst genau kalkulierbar zu festen Terminen fahren können.
Dies dachte er, sei mit einem Elektroauto nicht möglich.
Das konnte ich gut verstehen, fand ich doch auch die Ladepausen, von 40 Minuten bei der Ladung auf 80% die standardmäßig genannt werden sehr lang.
Doch in der Praxis zeigt sich, dass zum ersten die Ladepausen nicht unbedingt 40 Minuten lang sein müssen, um bis zum nächsten sinnvollen Ladestopp zu kommen und zum zweiten sich die Pausen sehr gut mit sowieso stattfindenden Fahrtunterbrechungen kombinieren lassen.
So würde er z.B. ohne Frühstück losfahren, in der ersten Ladepause frühstücken, in der zweiten vielleicht kurz die Mails checken und in der dritten einfach Pause machen.
Mit dieser Vorgehensweise ist eine Strecke von 800 Kilometern mit einem Model S überhaupt kein Problem, wenn man mit rund 200 Kilometern zwischen den Ladestopps rechnet.
Die Zeit verging zügig und gegen 11 stellten wir uns die Frage, bis wann wir eigentlich vom Campingplatz herunter gefahren sein müssten, um keinen weiteren Tag zu bezahlen.
Wir hofften, dass dies 12 Uhr sei und legten mit den letzten Arbeiten los.
Um 20 vor 12 fuhren wir dann mit 116 Kilometer Restreichweite bei 61,5% SOC (Akkustand) los.
Als Ziel hatten wir Kiel eingegeben und suchten jetzt während der Fahrt nach der nächsten Ladesäule von Clever, da wir am Vorabend gesehen hatten, dass es genug Ladestationen an der Strecke gab und wir keine Planung im Vorfeld mehr machen müssten.
Wir nahmen eine Säule nach 49 Kilometern, weil dann immer so in einem Abstand von rund 100 Kilometern die nächsten Säulen von Clever liegen sollten.
Am letzten Tag wollten wir kein Risiko eingehen und lieber mehrere kurze Ladepausen machen als wenige lange.
Um 12:25 Uhr kamen wir dann an der Ladesäule mit 33% SOC und einer Restreichweite von 56 Kilometer an, die auf dem Parkdeck eines Einkaufszentrums stand und nicht so leicht zu finden war.

Wir parkten wie üblich rückwärts ein und ich steckte den CCS-Stecker in die Ladedose am Auto.
Die Säule stellt wie gewöhnlich die Verbindung her und ich wartete auf den Beginn des Ladevorgangs.
Plötzlich erschien eine Fehlermeldung auf Dänisch. Ich stellt die Sprache auf Englisch um und erfuhr so, dass sich der Ladestecker nicht verriegeln lässt und ich den Ladevorgang erneut starten soll.
Das tat ich dann noch zwei Mal, es half nichts.
Also habe ich dann den Support angerufen. Leider war auch die Säulennummer nicht an der Säule angeschlagen aber mit der Ortsangabe konnte der Support die Säule finden und versuchte über den Neustart der Säule, das Problem zu beheben.
Es half nichts.
Um zu schauen, ob das Problem beim i3 oder bei der Säule lag, nutze ich das Typ-2-Kabel von der Säule zum Laden. Zu meiner Erleichterung lief alles problemlos.
Die Ferndiagnose war eindeutig. Der CCS-Stecker muss kaputt sein, eine Schnellladung ist somit an dieser Säule heute nicht möglich.
Die Dame von der Hotline suchte mir dann noch die nächsten Ladestationen heraus und sagte mir auf Nachfrage nach einer Entschädigung für meinen Aufwand, dass Clever meine Prepaidkarten kostenlos wieder auffüllen würde und ich somit dann sowohl die 225 kWh als auch die beiden 100 kWh Karten wieder komplett nutzen kann.
Ich war so perplex über die Großzügigkeit, denn alleine die 225 kWh-Karte hat 179,20 Euro gekostet, die beiden 100 kWh Karten fast noch mal das gleiche, dass ich noch mal nachhakte, doch sie bestätigte die Aussage.
Ich habe dann als ich zu Hause war tatsächlich eine Mail von Clever erhalten in der sie den Kauf der beiden 100 kWh Karten storniert haben und die 225 kWh Karte neu kostenlos aufgeladen wurde.
Die Begründung war allerdings nicht der Fehler an der Ladestation, sondern interne Umstellungen.
Was solls, mir ist es egal, ich freue mich darüber, dass rund 150 Euro gespart haben.

Während des Gespräch hatte ich die Ladung weiter laufen lassen und so dann doch noch gut eine Kilowattstunde nachladen können.
Nichts desto trotz war die Ladestation der erste wirkliche Totalausfall, der wenn es keine Alternativen geben hätte, die in unserer Restreichweite gelegen haben, zu einer deutlichen Verlängerung unserer Reisezeit geführt hätten.
Doch zum Glück war eine alt bekannte Ladestation 33 Kilometer entfernt und wir kamen mit 28 Kilometer Restreichweite und 16% SOC an der Ladestation an.
Meine Erleichterung war spürbar als die Ladung startete, denn innerhalb der nächsten 28 Kilometer war kein Schnelllader mehr, den wir alternativ hätten anfahren können.
Diese Situation zeigt deutlich. Wirklich liegen bleiben ist mit dem Elektroauto kein Problem, es ist alles nur eine Frage der Zeit. Denn Steckdosen gibt es deutlich mehr als Tankstellen, dafür kann man als Privatmann leider keinen Ersatzakku mitführen, der einen bis zur nächsten Ladestation bringt wie das der Ersatzbenzinkanister beim Verbrenner machen kann.
Das obige Bild zeigt die Ladezeiten der unterschiedlichen Lademöglichkeiten von 0% auf 95%.
Weil du in der Praxis nie mit 0% ankommst, sondern mit in der Regel mehr als 10%, ist die Ladezeit deutlich kürzer als 1 Stunde und 1 Minute, wir haben ja so in der Regel 40 Minuten mit dem Schnelllader geladen, um 95% zu erreichen.
Mit dem Typ-2-Lader (AC), im Bild oben als Wechselstrom bezeichnet, dauert das Laden von 0% auf 95% dann schon 3:18 Minuten, mit der normalen Haushaltssteckdose dann 11:30 Stunden.
Im Notfall hätten wir uns also eine Starkstromsteckdose, z.B. bei einer Tankstelle gesucht, und dann dort 2 - 3 Stunden geladen, so viel das wir zum nächsten Schnelllader gekommen wären.
Im schlimmsten Fall hätte es auch eine Haushaltssteckdose bei einem Einfamilienhaus gemacht, dann hätte es die dreifache Zeit gedauert.
Wenn du willst, kannst du ja einfach mal oben auf das Bild klicken und selber am Schieberegler auf der BWM-Seite drehen, dann siehst du, wie sich die Werte verändern.
Der Rest unserer Heimfahrt verlief dann wieder völlig problemfrei. Wir luden das letzte Mal kurz vor der deutschen Grenze, um unsere Clever Prepaidkarte aufzubrauchen, aber nur so viel, dass wir mit etwas Restreichweite zu Hause ankommen konnten, denn so langsam hatte uns der Stalldrang ergriffen und wir hatten keine Lust an der Imbissbude wo dieser Lader stand, unnötig Zeit zu vertrödeln.

Um 17:55 Uhr, nach genau 6.939,2 Kilometern waren wir wieder zu Hause.

Ein erstes kurzes Fazit zur Nordkapptour mit dem BMW i3 von Kiel aus
Wir haben den Beweis angetreten, dass auch solch lange Touren mit einem Elektroauto der Golfklasse machbar und insgesamt viel entspannter sind als man denkt.
Sie hat viel weniger mit Verzicht sondern viel mehr mit Freude zu tun, als wir zu Beginn gedacht haben.
Obwohl ich z.B. die letzten 397 Kilometer der 20. Tagesetappe alleine gefahren bin, war ich so entspannt bei der Ankunft, wie nach noch keiner Reise.
Die viele Pausen, das entspannte Fahren bei 120 km/h, schaffen ein ganz neues Fahrgefühl.
Kaum angekommen waren wir schon wieder am Überlegen, wo wir als nächstes hinfahren können, so viel Spaß hat uns die Tour gemacht.
Ich freue mich, dass du uns auf dieser Tour begleitet hast und hoffen, dass wir dich inspirieren konnten entweder mehr mit deinem Elektroauto zu reisen, wenn du schon eines hast, oder dir überhaupt ein Elektroauto anzuschaffen, wenn du bisher noch gezögert hast.
Die Tour zum Nordkapp mit dem Elektroauto war nicht die erste sondern eine von vielen Touren die wir durch Skandinavien gemacht haben, sei es mit dem Smart Fortwo zum Nordkapp und durch Südnorwegen oder mit dem Grand Espace in Südskandinavien.
Mit keinem anderen Auto haben wir die Touren so genießen können.
Das geräuschlose Dahingleiten, das ständig anliegende volle Drehmoment, dass dich mit Tempomat auch 10%-Steigungen herauf und herunter bringt, ohne aufheulendem Motor, ohne Geschwindigkeitsverlust, bringt eine ganz neue Dynamik und Leichtigkeit ins Reisen.
Dazu kommt das gute Gewissen, dass du zumindest lokal nicht die Luft verpestest und dazu auch noch in Skandinavien und an der heimischen Stromdose mit Ökostrom angetrieben wirst.
Also packt eure Traumrouten aus der Schublade, geht zum Goingelectric-Routenplaner und schaut was mit eurem (Wunsch-) Elektroauto möglich ist.
Noch nie war die Zeit so günstig, um mit dem Elektroauto zu reisen, noch hat man häufig Preisvorteile und trotzdem genug Ladestationen, um schnell voranzukommen.
Die Preisvorteile werden mit der Zeit sinken, während die Ladeinfrastruktur steigen wird.
Also legt los, es ist jeden Kilometer wert, den ihr fahren werdet.